Mangelernährung: Definition, Risiken und Symptome im Überblick

MANGELERNÄHRUNG: DEFINITION, RISIKEN UND SYMPTOME IM ÜBERBLICK

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Eine ausgewogene Ernährung ist die Basis für unser Wohlbefinden. Somit ist der Ernährungsstatus eines Menschen ein wesentlicher Indikator für seine Gesundheit. Vor allem bei älteren Personen oder Patienten mit chronischen oder schwerwiegenden Erkrankungen sowie onkologischen Patienten spielt der Ernährungsstatus eine noch wichtigere Rolle. Somit zählen ein höheres Alter und bestehende Erkrankungen zu unabhängigen Risikofaktoren einer Mangelernährung.  Kann der Energie- und Nährstoffbedarf nicht ausreichend gedeckt werden, entstehen Defizite und es kann in weiterer Folge zu Mangelernährung kommen– mit teils schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Denn Mangelernährung geht mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko einher.1 Eines der wichtigsten Symptome einer Mangelernährung ist der ungewollte Gewichtsverlust. Die Ursachen der Mangelernährung sind sehr komplex und multifaktoriell. Sie können medizinisch bedingt sein, aber einer Mangelernährung können auch nicht-medizinische Ursachen zugrunde liegen. Bislang gibt es für den Begriff Mangelernährung noch keine international einheitliche und standardisierte Definition.2

Was ist eine Mangelernährung - Definition

Begriffe wie Mangelernährung, Malnutrition oder Fehlernährung werden in der wissenschaftlichen Fachliteratur oft synonym verwendet.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat in ihrem Klinikleitfaden für die Mangelernährung folgende Definition festgehalten: Sie beschreibt Mangelernährung als einen „Zustand, der aus einer mangelnden Zufuhr oder Aufnahme von Energie und Nährstoffen über die Nahrung entsteht, zu einer veränderten Körperzusammensetzung führt und mit messbaren Veränderungen körperlicher und mentaler Funktionen verbunden ist. Als Folge verschlechtern sich die Prognose und der klinische Krankheitsverlauf.“3 Zu den möglichen Ursachen für Mangelernährung zählen die Folgen von Krankheit, Hunger oder fortgeschrittenem Alter, allein aber auch in Kombination.4

Die krankheitsspezifische Mangelernährung (disease-related malnutriton = DRM) definiert sich durch folgende 3 unabhängige Kriterien:5

  1. Body-Mass-Index (BMI) < 18,5 kg/m2 oder
  2. unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 10 % in den letzten 3–6 Monaten oder
  3. BMI < 20 kg/m2 und unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 5 % in den letzten 3–6 Monaten.

Für Erwachsene ab 65 Jahren werden andere Kriterien für BMI und Gewichtsverlust diskutiert (BMI < 20 kg/m2, Gewichtsverlust > 5 % in 3 Monaten).

Nach DGEM-Leitlinie „Terminologie in der Klinischen Ernährung“ (2013) ist für eine krankheitsspezifischen Mangelernährung folgende Definition zu finden.

„Der Begriff der krankheitsspezifischen Mangelernährung umfasst die klinisch relevanten Mangelzustände, die entweder durch eine verminderte Nahrungsaufnahme, Malabsorption und Maldigestion, eine erhöhte Proteinkatabolie oder eine Inflammation entstehen. Je nach Ätiologie wird die krankheitsspezifische Mangelernährung in verschiedene Formen unterteilt (akutkrankheitsspezifische bzw. chronische Mangelernährung mit Entzündung oder krankheitsspezifische Mangelernährung ohne Entzündung).“5

Mögliche Ursachen und Risikofaktoren einer Mangelernährung

Zunehmendes Alter zählt zu den möglichen Ursachen einer Mangelernährung. So steigt der Anteil mangelernährter Patienten von unter 10 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen auf 60 Prozent bei den über 80-Jährigen.6 Patienten mit schweren Erkrankungen und hohem Medikamentenkonsum sind ebenfalls häufiger mangelernährt als Patienten, die weniger Medikamente einnehmen. Auch soziale Faktoren wie zum Beispiel das Alleinleben sind Risikofaktoren einer Mangelernährung.

Risikogruppen für Mangelernährung:7

  • betagte Menschen
  • Patienten mit Tumorerkrankungen
  • Patienten mit Erkrankungen des Verdauungstraktes
  • Patienten mit schwerwiegender Grunderkrankung (hohe Anzahl an Medikamenten)

Selten wird bei bestehender Adipositas (Fettleibigkeit) eine Mangelernährung in Betracht gezogen. Jedoch besteht auch hier die Möglichkeit einer Mangelernährung in Form eines Vitamin- oder Mineralstoffmangels.2

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Symptome und Folgen einer Mangelernährung

Es ist wichtig, erste Symptome bei Mangelernährung zu erkennen und ernst zu nehmen. Werden die Mangelernährung und ihre Symptome frühzeitig erkannt, kann eine angepasste Ernährungstherapie eingeleitet werden und es ist möglich, den Kreislauf der Mangelernährung zu durchbrechen.

Bereits bei leichter Mangelernährung kann es zu unspezifischen Folgen, wie Schwäche, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Antriebsarmut kommen. Weitere Alarmsignale und Symptome einer Mangelernährung sind beispielsweise das Auslassen und Ablehnen von Mahlzeiten, Hautveränderungen sowie Teilnahmslosigkeit und Depression. Der rasche und ungewollte Gewichtsverlust stellt das Leitsymptom der Mangelernährung dar.2,8

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Die Folgen einer unbehandelten Mangelernährung sind weitreichend und können auch schwerwiegende Folgen haben, da der Körper kontinuierlich Energie benötigt, um all seine lebenswichtigen Funktionen aufrechtzuerhalten.2,8

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Quantitative oder qualitative Mangelernährung?

In Fachkreisen wird zwischen einer quantitativen und einer qualitativen Form der Mangelernährung unterschieden.

Patienten, die von einer quantitativen Mangelernährung betroffen sind, können über die zu geringe Energiezufuhr ihren Energiebedarf nicht decken. Eine qualitative Mangelernährung wird durch eine unzureichende Zufuhr an einzelnen lebenswichtigen Nährstoffen verursacht. Es kann daher sein, dass auch Menschen mit Übergewicht eine qualitative Mangelernährung aufweisen. Qualitative und quantitative Mangelernährung können auch in Kombination auftreten.

Abhängig vom gleichzeitigen Vorliegen einer Grunderkrankung bzw. einer Entzündungsreaktion erfolgt die weitere Klassifizierung einer Mangelernährung. So gelingt es auf komplexe Stoffwechselveränderungen einzugehen und ihnen gerecht zu werden, indem eine optimale Ernährungstherapie abgeleitet wird.2

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Mangelernährung im Alter besonders häufig

Mangelernährung ist unter älteren Menschen weitverbreitet. Warum tritt Mangelernährung im Alter besonders häufig auf? Durch eine Vielzahl von altersphysiologischen Veränderungen werden die Nahrungsaufnahme und Nahrungsverwertung ungünstig beeinflusst. Dadurch ist ein höheres Alter neben der Anzahl an applizierten Medikamenten und bestehenden Erkrankungen ein weiterer Risikofaktor für Mangelernährung .9

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Therapie einer Mangelernährung

Die genaue Abklärung eines Ernährungsproblems mittels Screenings auf Mangelernährung ist die Voraussetzung für eine individuelle und gezielte Behandlung. Häufig ist zusätzlich zum Screening ein tiefergehendes Assessment zur umfassenden Diagnose von Ernährungsproblemen notwendig. Das Ergebnis des Assessments dient als Grundlage für die Durchführung der Therapie einer Mangelernährung und damit zur Entwicklung eines detaillierten Ernährungsplans. Idealerweise werden diese Parameter im Zeitverlauf überwacht und bei Bedarf wird in regelmäßigen Zeitabständen die Ernährungsversorgung angepasst.

Die Grundlage für die Therapie einer Mangelernährung bildet das Stufenschema, das von Fachgesellschaften, wie z.B. der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM), empfohlen wird.

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Dabei hat die normale Ernährung immer Vorrang. Mit einer Vielzahl von einfachen Maßnahmen, wie beispielsweise der Anreicherung von Speisen können Ernährungsprobleme frühzeitig behandelt werden. Der Einsatz von Trinknahrung ist als Ergänzung der Normalkost oder zur kompletten Bedarfsdeckung der dritte Schritt im Stufenschema. Ist eine orale Ernährung über den Mund nicht möglich, wird als nächste Stufe eine enterale Sondennahrung angedacht. Ist der Magen-Darm-Trakt nicht mehr oder nicht mehr vollständig funktionsfähig, wird dieser umgangen und ein parenteraler Zugang gewählt.2,8

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Eine hochkalorische Trinknahrung ist zur ergänzenden Ernährung oder als einzige Nahrungsquelle geeignet und bietet zahlreiche Vorteile. Bei Beschwerden wie Appetitlosigkeit oder Übelkeit kann es hilfreich sein, die Nahrungsaufnahme auf mehrere kleinere Portionen aufzuteilen und so die Versorgung der notwendigen Menge an Energie und Nährstoffen sicherzustellen.

Quellen

  1. Pirlich M., et al.; DGEM-Leitlinie Enterale Ernährung: Ernährungsstatus; Aktuel Ernaehr Med 2003; 28 Supplement 1: S10-S25
  2. Löser Ch.; Unter- und Mangelernährung Klinik - moderne Therapiestrategien – Budgetrelevanz; Georg Thieme Verlag KG; 1. Auflage 2011
  3. Ernährung DGf (2018) DGE-Praxiswissen: Mangelernährung in Kliniken Deutsche Gesellschaft für Ernährunge. V., S36
  4. Cederholm T., et al.; ESPEN guidelines on definitions and terminology of clinical nutrition; Clinical Nutrition 36 (2017) 49e64
  5. Valentini L, Volkert D, et al.; Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) DGEM-Terminologie in der Klinischen Ernährung; Aktuelle Ernährungsmedizin, 2013; 38:97–111
  6. Pirlich M., Schütz T., et al.; The German hospital malnutrition study; Clin Nutr 2006; 25(4):563-72
  7. Löser Ch.; Ursachen und Klinik der Mangelernährung; Therapeutische Umschau 2014; 71 (3): 135 – 139
  8. Tannen A., Schütz T.; Mangelernährung: Problemerkennung und pflegerische Versorgung; W. Kohlhammer GmbH; 1. Edition 2011
  9. Koch A et al.; Mangelernährung im Krankenhaus; E&M – Ernährung und Medizin 2009; 24: 111 – 115