Trinknahrung: Definition, Anwendung und Verordnung

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Wie ist Trinknahrung definiert?

Trinknahrung, die vom Therapeuten verordnet werden kann, gehört regulatorisch nicht zu den Arzneimitteln, sondern zu den Lebensmitteln. Allerdings handelt es sich um eine spezielle Lebensmittelkategorie, deren Inverkehrbringung in der deutschen Verordnung „Verordnung über Lebensmittel für bestimmte Verbrauchergruppen“ (frühere Bezeichnung: Diätverordnung) geregelt wird. Diese nationale Verordnung setzt die entsprechenden europäischen Verordnungen (EU 609/2013 bzw. EU 2016/128) in deutsches Recht um. Die exakte Bezeichnung für diese spezielle Lebensmittelkategorie lautet „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)“. Häufig werden die Nahrungen auch mit dem englischen Begriff „FSMP“ (food for special medical purposes) beschrieben. Entscheidend bei diesen speziellen Lebensmitteln ist die Notwendigkeit der wissenschaftlichen Begründung der diätetischen Zweckbestimmung. Der Hersteller muss in der Lage sein, Zusammensetzung und Eignung der speziellen Formulierung für die Zielgruppe wissenschaftlich zu begründen. Hinzu kommt, dass die entsprechenden Verordnungen festlegen, welche Nährstoffe in welchen Mengen in diesen speziellen Lebensmitteln enthalten sein dürfen und welche Anforderungen an die Qualität der Zutaten gerichtet werden. Die Anforderungen sind höher als für übliche Lebensmittel. Somit unterscheiden sich medizinische Trinknahrungen, wie Sie sie im Produktkatalog unter der Marke „resource®“ oder „PEPTAMEN®“ finden, von anderen trinkbaren Milcherzeugnissen, die im Supermarkt erhältlich sind.

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Wie entscheide ich, welche Nahrung für meine Patient:in geeignet ist?

Grundlage für Ihre Entscheidung ist die zugrundeliegende Erkrankung und die Ernährungssituation des Patient:in. In der Regel sind die Nahrungen vollbilanziert, enthalten also alle Hauptnährstoffe sowie Vitamine und Mineralstoffe in ausreichenden Mengen. Bei der Nahrungsauswahl spielt vor allem eine Rolle, ob der/die Patient:in aufgrund seiner Ernährungssituation lediglich mehr Energie benötigt oder ob auch die Zufuhr anderer Nährstoffe wie beispielsweise Protein oder Fett erhöht oder erniedrigt werden muss. Erkrankungen wie Dekubitus oder konsumierende Erkrankungen führen schnell zu einem erhöhten Proteinbedarf, der über die übliche Nahrung nicht oder nur sehr schwer sicherzustellen ist. In diesem Fall ist eine proteinreiche Trinknahrung die richtige Wahl. Sollten Unverträglichkeiten, Resorptionsstörungen oder Fettverwertungsstörungen vorliegen, können Sie bei dem breiten Sortiment von NHS eine darauf abgestimmte Nahrung finden. Zum Diätmanagement bei eingeschränkter Verdauungs- und Resorptionsleistung wurde beispielsweise PEPTAMEN® entwickelt, das als niedermolekulare Trinknahrung mit niedriger Osmolarität und ohne Ballaststoffe in der Geschmacksrichtung Vanille verordnet werden kann. Hilfreich für Ihre Entscheidungsfindung kann es sein, wenn Sie unseren speziellen Produktfinder anwenden. Hier können Sie verschiedene Filter einsetzen, um die für Ihre Patient:innen geeignete Trinknahrung zu finden. Für eine bessere Compliance sollten Sie Ihren Patient:innen empfehlen, die Geschmacksrichtung und die Konsistenz immer mal wieder zu wechseln bzw. die Produkte nicht unbedingt „pur“, sondern auch in der Küche als Zutat zu verwenden. Für Ihre Patient:innen stehen eigens von unserem Küchenmeister Jörg Mempel entwickelte Rezepte zur Verfügung.

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Was muss bei der Rezeptierung beachtet werden?

Grundsätzlich werden medizinische Trinknahrungen, da sie zu den Lebensmitteln gehören, nicht von der Krankenkasse erstattet. In der sogenannten Arzneimittelrichtlinie1 wurden jedoch Ausnahmen festgelegt, bei denen die Kosten für die Trinknahrung von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden. Versicherte haben dann Anspruch auf die speziellen Produkte, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Diese Voraussetzungen müssen Sie als behandelnder Arzt:in dokumentieren. Entscheidend ist, dass der Patient:in an einer fehlenden oder eingeschränkten Fähigkeit zur ausreichenden normalen Ernährung leidet und eine Veränderung der normalen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, Sie allerding dennoch für den Patienten die Verwendung von Trinknahrung für sinnvoll halten, kann der Patient die Trinknahrung auch ohne Rezept in jeder (online) Apotheke beziehen.

Sind die oben genannten Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit erfüllt, müssen bei der Rezeptierung die folgenden Aspekte beachtet werden, damit Ihrem/r Patient:in die Kosten erstattet werden

  1. Nur Trinknahrung, die zur vollständigen Ernährung geeignet ist (= vollständig bilanziert), kann erstattet werden. Die Kosten für Produkte, die aus einem einzigen Nährstoff bestehen, wie beispielsweise das Eiweißpulver „Resource Instant Protein“, werden laut Arzneimittelrichtlinie derzeit nicht erstattet. Produkte für Patienten mit ausgewählten Erkrankungen, wie z. B. Krebs- oder Diabetes sowie Produkte, die mit Mehrkosten verbunden sind oder hypokalorische Produkte (< 1 kcal/ml) werden nicht erstattet.
  2. Bei gegebener Indikation können bestimmte Spezialprodukte dennoch verordnet werden. Gemäß Vorgaben der Arzneimittelrichtlinie zählen hierzu nährstoffangepasste Produkte für Niereninsuffiziente, Trinknahrung mit hydrolysierten Eiweißen oder niedermolekulare oder speziell mit mittelkettigen Triglyzeriden (MCT-Fette) angereicherte Produkte bei Patient:innen mit dokumentierten Fettverwertungsstörungen oder Malassimilationssyndrom (z. B. Kurzdarmsyndrom, AIDSassoziierte Diarrhöe, Mukoviszidose). Auch spezielle Aminosäuremischungen für Patient:innen mit Kuhmilchallergie sind verordnungs- und erstattungsfähig.
  3. Sie müssen in den Patienten-Akten dokumentieren, dass eine Modifizierung der normalen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen und deshalb eine gezielte Trinknahrung notwendig ist.
  4. Auf dem Rezept sollte der genaue Produktname mit der benötigten Menge, beispielsweise für einen Monat, stehen.
  5. Auch der Versorgungszeitraum, beispielsweise 01. bis 31. Januar sollte angegeben sein.
  6. Die Diagnose darf nicht auf dem Rezept stehen.

Quellen

  1. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 49a (Beilage) vom 31. März 2009 in Kraft getreten am 1. April 2009, zuletzt geändert am 21. September 2023, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 18.12.2023 B1) in Kraft getreten am 19. Dezember 2023