Mit einer Prävalenz von über 25 % ist Mangelernährung bei Patient:innen in deutschen Krankenhäusern ein zunehmendes Problem.1 Klinische Studien belegen zudem einen zusätzlichen Gewichtsverlust während des stationären Krankenhausaufenthaltes. Aber auch in Pflegeheimen steigt die Häufigkeit um ein Vielfaches an, genauso sind unabhängig lebende, gesunde Senioren von Mangelernährung betroffen.3 Oberstes Ziel muss es daher sein, eine beginnende Mangelernährung so zeitig wie möglich zu erkennen, um bei Mangelernährung eine Behandlung einzuleiten.
Maßnahmen bei Mangelernährung - Ziele
- Aufrechterhaltung oder Verbesserung des Ernährungszustands.
- Erhaltung oder Verbesserung der Rehabilitationsfähigkeit, bezieht sich vor allem auf die Muskelmasse. (Aktivitäten des täglichen Lebens, aber auch das Leben in der Gemeinschaft als sekundäres Ziel)
- Steigerung der Lebensqualität. (Wiederherstellung der Nahrungsaufnahme spielt eine wichtige Rolle für Genuss und Wohlbefinden)
- Verringerung der Erkrankungsrate, verbesserte Prognose zugrunde liegenden chronischen Erkrankungen.
- Verringerung der Sterblichkeit und Steigerung der Therapietoleranz bei zugrundeliegender chronischer Krankheit (z. B. Krebs).
- Verringerung der durch Mangelernährung verursachten, allgemeinen Gesundheitskosten. (Verringerung von Krankenhausaufenthaltsdauer, Aufnahmen in Pflegeheime, Zahl der ärztlichen Untersuchungen und Verordnungen)
- mögliche Ursachen einer Mangelernährung
Denn nicht nur Krankheiten, sondern auch ungünstige Umgebungsfaktoren oder inadäquates Essens- und Getränkeangebot spielen eine Rolle. Alle erfassten Parameter dienen als Grundlage für die Erstellung eines Ernährungsplanes damit Fachkräfte Mangelernährung behandeln können.
Therapie bei Mangelernährung - Stufenschema
Nach der Identifikation der zugrunde liegenden Ursachen und unter Berücksichtigung von Erkrankungen können entsprechende Maßnahmen bei Mangelernährung umgesetzt werden. Dabei hat sich in der Therapie der Mangelernährung ein Stufenschema etabliert.
Berücksichtigt werden sollte, dass alleinlebende Patient:innen auf Hilfe angewiesen sind und Ansprechpartner brauchen. Für sie spielen pflegerische Maßnahmen bei Mangelernährung eine wesentliche Rolle.
Ernährung bei Mangelernährung: Normalkost und Anreicherung
Wenn Patient:innen in der Lage sind normal zu essen und zu trinken und keine Appetitlosigkeit besteht, steht der Ansatz „Food First“ an erster Stelle. Das Angebot einer Wunschkost, Essen in angenehmer Umgebung sowie häufigere, kleine energiereiche Zwischenmahlzeiten können die Energie- und Nährstoffzufuhr optimieren. Dabei setzt man in der Ernährung bei Mangelernährung auf kalorienreiche Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte.
Darüber hinaus kann die Nahrung zusätzlich angereichert werden. Die Anreicherung dient der Erhöhung von Energiedichte, Proteinaufnahme und Mikronährstoffaufnahme und unterstützt die Fettresorption.
- Energie: Sahne, Butter, Creme fraiche
- Eiweiß: Mageres Fleisch, Fisch wie Lachs und Heilbutt, Speisequark, Eier, Hülsenfrüchte
- Kalium: Kartoffeln, Broccoli, Blumenkohl, Spinat, Möhren, Bananen, Äpfel, Avocados, Aprikosen, Honigmelonen
- Calcium: Milch, Joghurt, Vollkornbrot, Broccoli, Käse, calciumreiches Mineralwasser
- Vitamin K: Gemüse, Eigelb, Käse, Leber
- Vitamin D: Margarine, Milchprodukte, Eigelb, Kalbfleisch, Fettfische
- Magnesium: Vollkornreis und -nudeln, Mandeln, Walnüsse, Hülsenfrüchte, Sonnenblumenkerne, Kakao, Himbeeren, Bananen, Kiwis, Spinat, Mais, Mineralwasser
- Natrium: Schwarze Oliven, dunkelgrünes Blattgemüse, Salz, Sojasoße, Salami, Käse, Schinken
Speisen können sowohl mit normalen Lebensmitteln wie Pflanzenöl, Sahne und Butter aber auch mit isolierten Nährstoffgemischen in Form von geschmacksneutralen Pulvern angereichert werden. Geschmacksneutrale Pulver eignen sich neben der Anreichung von Speisen auch zur Herstellung einer Trinknahrung bei Geschmacksstörungen, die beispielsweise im Rahmen einer Chemotherapie auftreten können.
Trinknahrung bei Mangelernährung
Ist eine ausreichende natürliche Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich, kann eine Unterstützung durch künstliche Ernährung sinnvoll sein. Man unterscheidet hierbei zwischen oraler Nahrungssupplementation (ONS), enteraler und parenteraler Ernährung.
Orale Nahrungssupplemente (ONS) sind industriell hergestellte, sogenannte orale bilanzierte Diäten (OBD) mit einer definierten Nährstoffzusammensetzung und können voll- oder teilbilanziert sein. Vollbilanzierte Diäten sind aufgrund ihrer Zusammensetzung und empfohlenen Tageszufuhrmenge als alleinige Nahrungsquelle geeignet.
OBD dienen dem Diätmanagement bei Risiko für eine Mangelernährung oder bei bereits bestehender Mangelernährung. Viele wissenschaftliche Studien belegen zudem positive Effekte auf zugrundeliegende Erkrankungen sowie die Verbesserung der Lebensqualität. In der aktuellen wissenschaftlichen Literatur liegen mehr als 200 klinische Studien und 14 Metaanalysen vor, die den therapeutischen Nutzen von oraler Trink- und Zusatznahrung belegen. So konnte gezeigt werden, dass die zusätzliche Gabe von Trinknahrung bei Patient:innen mit Mangelernährung sowohl die Komplikationsrate als auch die Letalität der Patient:innen signifikant senkt.3,5
Damit individuelle Nährstoffbedürfnisse und Krankheitsbilder der Patient:innen berücksichtigt werden können, wurden vielfältige Nährstoffzusammensetzung entwickelt. So gibt es medizinische Trinknahrung mit unterschiedlichen Kaloriendichten (normo- und hochkalorische), unterschiedlichem Fett- und Eiweißgehalt sowie mit und ohne Ballaststoffe. Um auch den individuellen Bedürfnissen der Patient:innen gerecht zu werden, ist es außerdem wichtig, dass für den Einsatz von bilanzierten Diäten eine breite Palette an Geschmacksrichtungen und unterschiedlichen Konsistenzen zur Verfügung steht.
Außerdem kann Trinknahrung bei Mangelernährung und entsprechender medizinischer Indikation ärztlich verordnet werden und ist durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattungsfähig.
Die enterale Ernährung über Sonden
Können oder wollen Patient:innen nicht ausreichend Essen, kann es zielführend sein auf Sondenernährung umzustellen. Dies kann in Hinblick auf Mangelernährung eine geeignete Maßnahme darstellen und die Lebensqualität verbessern. Voraussetzung dafür ist ein funktionierender Gastrointestinaltrakt. Die Nahrungsaufnahme bei enteraler Ernährung erfolgt über eine Sonde direkt über den Magen-Darm-Trakt und unter Umgehung des Mund- und Rachenraumes. Erforderlich kann dies bei onkologischen, neurologischen oder geriatrischen Erkrankungen sein, bei denen es zu Entzündungen, Schluckstörungen und Appetitlosigkeit kommen kann.
Wie für die Trinknahrung gibt es auch für Sondennahrung eine große Auswahl an Produkten mit Unterschieden im Kalorien-, Protein-, Fett- und Ballaststoffgehalt. So kann auch hier je nach vorliegender Stoffwechselsituation und Erkrankung aber auch nach individuellen Vorlieben, die geeignete Sondennahrung ausgewählt werden.
Die enterale Ernährung weist gegenüber der parenteralen einige Vorteile auf.
- Die Anwendung ist kostengünstig und unkompliziert.
- Sie kann auch von Angehörigen als pflegerische Maßnahme bei Mangelernährung oder den Patient:innen selbst übernommen werden - dadurch steigt die Akzeptanz.
- Eine enterale Ernährung beinhaltet geringere Komplikationsraten und die Struktur und Funktion des Verdauungssystems werden aufrechterhalten.
Die parenterale Ernährung
Muss nicht nur der Mund- und Rachenraum, sondern der gesamte Magen-Darm-Trakt zur Nahrungsaufnahme umgangen werden, wird auf parenterale Ernährung zurückgegriffen, bei der Makro- und Mikronährstoffe intravenös verabreicht werden. Diese Ernährungsform wird eingesetzt, wenn eine eigenständige Nahrungsaufnahme und/oder Verwertung der Nahrung nicht möglich ist oder der Verdauungstrakt geschont werden muss. Das kann unter anderem bei Stoffwechselstörungen, schweren Verletzungen oder Tumorerkrankungen der Fall sein. Die Berechnung des Energiebedarfs erfolgt unter Berücksichtigung des aktuellen Gewichtes und der aktuellen Laborwerte. Auch eine sonstige orale oder enterale Ernährungszufuhr und eventuelle Verluste durch Erbrechen oder über Stomata werden einberechnet. Um eine Mangelernährung zu behandeln oder im besten Falle vorzubeugen können Maßnahmen bei Mangelernährung in Abhängigkeit von Ursache und Schwere der Unterernährung auch kombiniert erfolgen. Denn eine parenterale Ernährung schließt andere Ernährungsformen nicht aus. Eine Kombination kann sogar Komplikationen verringern und die Lebensqualität erhöhen.
Quellen
- Löser Ch.; Unter- und Mangelernährung im Krankenhaus, Klinische Folgen, moderne Therapiestrategien, Budgetrelevanz; Malnutrition in Hospital—The Clinical and Economic Implications; Dtsch Ärztebl Int 2010; 107(51-52): 911-7
- L. Valentini, et al.; Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) DGEM- Terminologie in der Klinischen Ernährung
- Löser Ch.; Unter- und Mangelernährung: Klinik - moderne Therapiestrategien – Budgetrelevanz; Georg Thieme Verlag KG; 1.Auflage 2011
- Tannen A., Schütz T.; Mangelernährung: Problemerkennung und pflegerische Versorgung; Verlag Kohlhammer 2010
- Volkert D., et al.; Management of Malnutrition in Older Patients—Current Approaches, Evidence and Open Questions. Journal of Clinical Medicine, 2019; 8(7):974
resource® Trinknahrungen und isosource®-Sondennahrungen sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten). Zum Diätmanagement bei bestehender Mangelernährung oder bei Risiko für eine Mangelernährung.
Wichtige Hinweise: Unter ärztlicher Aufsicht verwenden. Als einzige Nahrungsquelle geeignet. Geeignet ab 3 Jahren.