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Dekubitus und Wundheilungsstörungen: Welche Rolle spielt die Ernährung?

Dekubitus und Wundheilungsstörungen: Welche Rolle spielt die Ernährung?

Bei einem Dekubitus handelt es sich um ein Druckgeschwür, welches als komplexe chronische Wunde angesehen wird.1

Betroffen sind dabei vor allem Patient:innen, die sich nicht oder nur noch unzureichend selbstständig bewegen können. Durch diese langanhaltende Druckbelastung auf das betroffene Gewebe wird dieses nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, es kommt zu einer verminderten Durchblutung sowie zu einer Mangelversorgung mit Nährstoffen, was eine Wundheilungsstörung begünstigt. Die Folgen sind Gewebegeschwüre und Gewebenekrosen.2

Hauptverantwortlich für die Entstehung von Druckgeschwüren ist neben einer Immobilität sowie einer hohen Druckbelastung auch eine Mangelernährung. Der resultierende Nährstoffmangel begünstigt den Verlust von Muskeln und Fett, die als schützendes Polster gegen Druckgeschwüre dienen. Eine Mangelernährung stellt somit einen eigenständigen Risikofaktor für die Entstehung von Wundheilungsstörungen und Dekubitus dar.3

Welche Rolle spielt die Ernährung bei Dekubitus?

Patient:innen mit chronischen Wunden, wie einem Dekubitus, weisen einen deutlich höheren Verbrauch an Energie und Eiweiß auf.3

Kohlenhydrate sind einerseits eine wichtige Energiequelle für den Körper an sich. Anderseits begünstigt eine mangelnde Versorgung mit Kohlenhydraten den Abbau von körpereigenem Eiweiß zur Energiegewinnung. 4

Ist die Versorgung mit Kohlenhydraten nicht ausreichend, erfolgt der Abbau von körpereigenen Eiweiß, dieser bedingt einen Verlust von Muskelmasse. Dies geht einher mit einem Kraftverlust und zunehmender Immobilität, infolgedessen kommt es zu einer zu langen Druckausübung auf das Weichteilgewebe. Eine Mangelernährung in Form einer zu geringen Zufuhr von Energie und Eiweiß hat auch einen Einfluss auf die Wundheilung, was sich in einer Störung der Wundheilung widerspiegelt. 5

Zusätzlich kommt es durch die vermehrte Wundsekretion zu Vitamin- und Mineralstoffverlusten. Mikronährstoffe fungieren als wichtige Kofaktoren für Enzyme, die an der Wiederherstellung gestörter Gewebe beteiligt sind.4

In der medizinischen Gesamttherapie von chronischen Wunden sollte daher neben der Dekubitusprophylaxe auch die qualitative und quantitative Ernährung sowie eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr als wichtiger Bestandteil bei der Behandlung angesehen werden.4

Was ist Dekubitus und wie beeinflusst er die Wundheilung?

Grundsätzlich ist die Haut in der Lage kurzfristig höhere Druckeinwirkung zu tolerieren. Wird jedoch der Druck auf die Haut und das darunterliegende Gewebe längerfristig aufrechterhalten, kommt es zur Gewebeschädigung. Durch die Druckeinwirkung werden die kleinsten Blutgefäße (Kapillaren) komprimiert. Die Minderperfusion führt zur Hypoxie, dies begünstigt die Ansammlung von toxischen Stoffwechselprodukten. Die Gefäßpermeabilität erhöht sich, Ödeme und lokale Mikrothromben bilden sich und führen in weitere Folge zu einer lokalen Nekrose.1,4

In erster Linie reagiert der Köper bei Schädigung der Haut mit einem Druckschmerz, der zu einer Lageänderung mit Entlastung des betroffenen Hautareals und zu einer Reperfusion der betroffene Hautareal führt. Ist ein Mensch nicht in der Lage den Druckschmerz wahrzunehmen oder sich aus eigener Kraft zu bewegen, bleibt die Komprimierung des Hautareals bestehen.2 Dabei sind vor allem Hautareale mit knöchernem Vorsprung betroffen, bei denen der Druck senkrecht auf das Hautareal einwirkt.1

Ältere und Personen im Rollstuhl haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Wundheilungsstörung und eines Dekubitus. Bei beiden Gruppen zeigen sich auch aufgrund der physiologischen Veränderungen im Heilungsverlauf erschwerende Bedingungen. Wundheilungsstörungen und Dekubitus sind somit für die Patient:innen mit einem hohen persönlichen Leidensdruck, Schmerzen und einem langen Heilungsverfahren verbunden.2

Ein Dekubitus wird dabei je nach Schädigung des Gewebes in 4 Stadien eingeteilt:2

Stadium I: sichtbare Rötung bei intakter Haut, die Hautstelle ist übererwärmt und schmerzempfindlich

Stadium II: sichtbarer Teilverlust der Haut bis in die Lederhaut, es stellt sich als Blase, Abschürfung oder flaches Geschwür dar

Stadium III: Schädigung aller Hautschichten, subkutanes Fett kann sichtbar sein, Sehnen, Bänder und Knochen liegen nicht offen, der Dekubitus ist als offene Wunde zu sehen

Stadium IV: Vollständiger Verlust aller Haut- und Gewebeschichten (Nekrose), Sehnen, Bänder und Knochen liegen frei

Die Dekubitus-Stadien III & IV gelten als vermeidbar.2 Neben Druck sind auch Scherkräfte sowie die Regernationskapazität des Gewebes involviert.2

Das wichtigste Therapieziel ist daher die Prophylaxe des Dekubitus, welches die Druckentlastung, die Verminderung des Auflagendrucks sowie eine Verbesserung des Allgemeinzustandes der Patient:innen durch Behandlung einer Mangelernährung und Dehydration beinhaltet.1

Zur Einschätzung und Beurteilung des Ernährungszustandes von Patienten:innen können einfach durchführbare und allgemeine anerkannte Screeningverfahren wie das Minimal Nutrition Assessment® (MNA®) oder der Nutrition Risk Score (NRS-2002) zum Einsatz kommen. Damit kann eine Mangelernährung rasch erkannt und behandelt werden. 2,5

Empfehlungen für die Praxis: Auswahl und Anwendung von Ernährungsstrategien

Ein frühzeitig eingesetzte Ernährungstherapie für Patient:innen mit Wundheilungsstörungen kann einerseits der Entstehung von Dekubitus entgegensteuern und andererseits eine rasche Abheilung bestehender Wunden begünstigen.4

Neben der Entwicklung eines individuellen Ernährungsplans sollte bei Personen mit einem Dekubitusrisiko, die Energiezufuhr sowie die Proteinzufuhr optimiert werden.8

Bei Personen, die eine Mangelernährung und zusätzlich einen Dekubitus aufweisen, sollte auf eine Proteinzufuhr von 1,5 g/ kg Körpergewicht geachtet werden.8

Kann der Nährstoffbedarf allein durch die ausreichend normale Mahlzeiten nicht abgedeckt werden, sollte zusätzlich eine Trinknahrung mit viel Energie und Eiweiß zum Einsatz kommen8, wie zum Beispiel resource® 2.0+fibre.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Heilung von Dekubitus?

Eine Mangelernährung und ein damit ggf. langanhaltender Eiweißmangel begünstigt die Entstehung von Wundheilungsstörungen bzw. eines Dekubitus.4,6

Bei einer ungenügenden Energiezufuhr wird körpereigenes Eiweiß zur Energiegewinnung herangezogen und es kommt zu einem massiven Verlust von Muskeleiweiß. Bei Wundheilungsstörungen ist der Eiweißbedarf generell noch einmal erhöht und liegt zwischen 1,2 –1,5g pro kg Körpergewicht. Die essenziellen Aminosäuren sind dabei an der körpereigenen Bildung von Muskelmasse, Kollagen sowie Bindegewebe beteiligt.3,4

Die semi-essenzielle Aminosäure L-Arginin stimuliert zudem die Kollagensynthese sowie die Erneuerung des Gewebes im Wundbereich. Als Vorstufe des Neurotransmitters Stickstoffmonooxid (NO) stimuliert es auch die Gefäßneubildung.9,10

Eine Meta-Analyse zeigt zudem, dass mittels oral verzehrter proteinreicher Trinknahrung die Inzidenz von Druckgeschwüren bei Risikopatienten um rund 25% gesenkt werden konnte.5,7 Dafür eignet sich beispielsweise resource® protein Trinknahrung.

Zudem ist in den Leitlinien zur Prävention und Behandlung von Dekubitus die Empfehlung einer oralen Proteinsubstitution, bei Personen die von einer Mangelernährung betroffen oder bedroht sind, etabliert.8

Wie kann eiweißreiche Trinknahrung effektiv in die Behandlung von Dekubitus integriert werden?

Vor allem bei Patient:innen mit Dekubitus wird die Nahrungsaufnahme als intrinsischer Risikofaktor für die Entwicklung von Dekubitus angesehen. Es sollte dabei eine Verbesserung der Qualität und Energiedichte der eingenommenen Nahrung sowie eine Steigerung der Flüssigkeitsaufnahme erfolgen.5,6

Ältere Menschen sind einem erhöhten Risiko für Dekubitus ausgesetzt, da ein verminderter Appetit einen wesentlichen Risikofaktor für Mangelernährung im Alter darstellt. Appetitlosigkeit ist mit einer verminderten Energiezufuhr verbunden, zusätzlich kann der erhöhte Nährstoffbedarf nicht abgedeckt werden.5 Trinknahrung mit viel Energie und Eiweiß bietet gleich mehrere Vorteile. Durch eine hohe Kaloriendichte können Patient:innen kleinere Mengen zu sich nehmen und trotzdem ihren Energiebedarf decken.

Auch im Kontext von Operationen spielt eine Wundheilungsstörung eine große Rolle. Präoperativ ist eine Mangelernährung der einzige Krankheitsfaktor, der direkt beeinflusst werden kann. Die Ernährung sollte daher auch vor und nach Operationen an den Ernährungszustand der oder des Patient:in angepasst werden.

Appetitlosigkeit sowie ein schnelles Sättigungsgefühl sind auch ein Thema in der frühpostoperativen Phase. Dies hat einen Einfluss auf den Ernährungszustand und kann eine Mangelernährung nach operativen Eingriffen begünstigen.11,12

Daher sollte der Einsatz von proteinreicher Trinknahrung (z.B. resource® protein) bei unterernährten Patient:innen möglichst frühzeitig begonnen werden.5

Quellen

  1. Schmepf M., et al.; Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 1; Orthopädie und Unfallchirugie 2012
  2. Scheel-Sailer A., et al.; Dekubitus – ein Update; Schweizerisches Medizin Forum 2016
  3. Mayer S.; Ernährungstherapie bei Dekubitus; Journal für Ernährungsmedizin 2002
  4. Benedikt M.A., Weitgasser R.; Ernährungsmanagement bei Wundpatienten; Ernährungsmedizin 2006
  5. Kressig R.W.; Malnutrition, ein Störfaktor in der Wundheilung; Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2008
  6. Renner R., Erfurt-Berge C.; Was hat die Ernährung mit Wundheilung zu tun?; Akt Dermatol 2020
  7. Stratton R.J., et al.; Enteral nutritional support in prevention and treatment of pressure ulcers: a systematic review and meta-analysis; Age Res Rev 2005
  8. Österreichische Gesellschaft für Dekubitus Prävention; Prävention und Behandlung von Dekubitus – Kurzfassung der Leitlinie 2019;
  9. Guoyao W.; et al.; Arginine metabolism and Nutrition in growth, health and disease; Amino Acids 2009
  10. Witte M. B., Barbul A.; Arginine physiology and its implication for wound healing; Wound Repair Regeneration 2003
  11. Perioperative Immunonutrition in der Bauchchirugie; Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 2012
  12. Paul C.; Ernährungstherapie bei Mangelernährung; Ernährung und Medizin 2009